Jun 16, 2023

Sport in der Schwangerschaft

Sport in der Schwangerschaft

Wie du während deiner Schwangerschaft auf gesunde Weise aktiv bleibst.

Wir alle wissen, dass körperliche Aktivität und Training uns gut tut. Sie verbessert die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems, reduziert das Risiko von Übergewicht und den damit zusammenhängenden Spätfolgen und steigert unsere Lebenserwartung.  

Aber wie steht es um körperliche Aktivität und Training während einer Schwangerschaft? Gilt hier das Gleiche?

Wie viel Sport wird Schwangeren empfohlen?

Für Schwangere werden mindestens 150 Minuten moderate aerobe Aktivität pro Woche empfohlen (1). Frauen*, die schon vor der Schwangerschaft mit höheren Intensitäten trainiert haben, können jene beibehalten.

Welche Vorteile habe ich durch Bewegung in meiner Schwangerschaft?

Tatsächlich lässt sich ein höheres Auftreten von vaginalen Entbindungen bei Frauen*, die während ihrer Schwangerschaft aktiv waren, erkennen. Außerdem kommt es zu einem geringeren Auftreten von Schwangerschafts-Diabetes, Schwangerschaftsbluthochdruck oder übermäßiger Gewichtszunahme während der Schwangerschaft. Des Weiteren reduziert sich die körperliche Fitness der Frauen* seltener und es treten weniger körperliche Schmerzen und funktionelle Einschränkungen auf. Auch Frühgeburten konnten in geringerem Ausmaß beobachtet werden. (2-20)  

Körperliche Inaktivität und exzessive Gewichtszunahme werden bei einer Schwangerschaft sogar als unabhängige Risikofaktoren für eine Adipositas und andere schwangerschaftsbezogene Erkrankungen (z.B. Schwangerschaftdiabetes) angesehen. (21-23)  

Welche körperlichen Veränderungen durch die Schwangerschaft sollte ich bei meiner Trainingsplanung beachten?

Die offensichtlichste Veränderung ist natürlich der wachsende Bauch und die damit einhergehende Gewichtszunahme. Dies führt zu einer Verschiebung des Körperschwerpunktes nach vorne sowie zu einer Verstärkung der Lordose der Lendenwirbelsäule. Alles zusammen führt zu einer deutlichen Mehrbelastung der Wirbelsäule. Dies könnte erklären, warum mehr als 60% aller Schwangeren Schmerzen im unteren Rücken haben. (24)

Das Herz-Kreislauf-System passt sich ebenfalls an die zusätzliche Versorgung des Fetus an. Blutvolumen, Herzfrequenz, Schlagvolumen und Herzzeitvolumen nehmen während der Schwangerschaft zu, während der Blutdruck eher sinkt. Bemerkbar macht sich dies häufig in Form von schnellerer Erschöpfung.

Bei der Auswahl der Ausgangstellungen ist zu beachten, dass ab der 20. Schwangerschaftswoche die Gebärmutter in Rückenlage auf die Bauchgefäße drücken kann. Dies kann zu niedrigem Blutdruck, Schwindel und im Schlimmsten Fall Ohnmacht führen.  

Nicht zuletzt kommt es zu Veränderungen der Atmung. Aufgrund von geringen Lungenreserven ist die Fähigkeit, ein anaerobes Training durchzuführen, eingeschränkt. (25)

Obwohl Hitze, z.B. durch Sauna, Whirlpool oder Fieber mit einem erhöhten Risiko von Neuralrohrdefekten in Verbindung stehen, scheint Training kein Risikofaktor hierfür zu sein. (26-27)

Während des Trainings sollte jede Schwangere aber auf jeden Fall genug trinken, bequeme Kleidung tragen und große Hitze vermeiden. (28)

Wie wirkt sich das Training auf den Fetus aus?

Es hat sich gezeigt, dass der Herzschlag des Fetus während und nach dem Training um 10-30 Schläge pro Minute über die Basislinie ansteigt. (29-32)  

Auf das Geburtsgewicht hat der Trainingsstatus der Frau* insgesamt nur einen minimalen Einfluss. Ausnahme ist hier das dritte Trimester. Größere Anstrengungen können hier zu einem geringen Geburtsgewicht führen (200-400g). Dies war jedoch bei Untersuchungen mit keinem erhöhten Risiko für den Fetus verbunden. (33-35)

30 Minuten Training konnte gut von Frau und Fetus, unabhängig vom Trainingsstatus, vertragen werden, als in einer Kohortenstudie der arterielle Blutfluss der Bauchnabelarterie, die fetale Herzfrequenz und das biopsychische Profil nach einem anstrengenden Training im zweiten Trimester untersucht wurde. (32)

Für Leistungssportler*innen werden aber tatsächlich noch mehr Daten benötigt.  

Wie kann ein sicheres Trainingsprogramm in einer Schwangerschaft aussehen?

Am besten wäre es direkt im ersten Trimester zu beginnen, wenn man vorher noch kein Training gemacht hat. Eine Trainingseinheit sollte 30-60 Minuten dauern und 3-4 Mal wöchentlich durchgeführt werden. Gerne auch täglich.  

Die Intensität variiert je nach Trainingszustand. <60% oder <80% der maximalen Herzfrequenz kann aber als Orientierung genutzt werden. Wie bereits erwähnt sollte man darauf achten, dass übermäßige Hitze in der Umgebung vermieden wird. Im besten Fall ist außerdem jemand dabei, der das Training betreut. Trainieren kann man bis zur Entbindung.

Was sind Kriterien für den Abbruch eines Trainings?  

Ein Training sollte bei vaginalen oder abdominalen Blutungen sowie regulären schmerzhaften Schwangerschaftskontraktionen und Austritt von Fruchtwasser sofort beendet werden. Warnzeichen sind außerdem Atemnot vor einer Belastung, Schwindel, Kopfschmerz, Brustschmerz, Wadenschmerz- oder schwellung sowie eine Muskelschwäche, die die Balance beeinträchtigt. Sobald sich eine Schwangere nicht gut oder unsicher fühlt, sollte sie immer Rücksprache mit ihrer Hebamme oder ihrer Ärzt*in halten.  

Fazit

Es bestehen keine Nachweise dafür, dass reguläre physische Aktivität bei Frauen* mit einer unkomplizierten Schwangerschaft zu Fehl- oder Frühgeburten, einem geringen Wachstum des Fetus oder muskuloskelettalen Verletzungen führt. (19-20, 36-38) Körperliche Belastung in der Schwangerschaft gilt daher als sicher. Nicht nur das, es bringt sogar viele Vorteile.  

Der ausgeführte Sport sollte aber in jedem Fall mit der betreuenden Gynäkolog*in besprochen werden. Bei Komplikationen oder Kontraindikationen sollte in Absprache mit der Ärzt*in eine individuelle Lösung gefunden werden.  

Bei weiteren Fragen schreib einfach an info@physio-liv.de oder ruf direkt an.

Quellen:

(1)   U.S. Department ofHealth and Human Services. Physical activity guidelines for Americans. 2nd ed.Washington, DC: DHHS; 2018.Available at: https://health.gov/paguidelines/second-edition/

(2)   Berghella V, SacconeG. Exercisein pregnancy! AmJ Obstet´Gynecol2017;216(4):335–7.

(3)     31.Marin-Jimenez N, Acosta-ManzanoP,Borges-Cosic M, Baena-Garcia L, Coll-RiscoI, Romero-Gallardo L, et al.Association of self-reported physical fitness with pain during pregnancy: TheGESTAFIT Project. ScandJ Med Sci Sports 2019;29:1022–30.

(4)     32.Barakat R, PelaezM, Lopez C, MontejoR,CoteronJ. Exerciseduring pregnancy reduces the rate of cesarean andinstrumental deliveries: results of a randomized controlled trial. J MaternFetal Neonatal Med2012;25:2372–6.

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(8)     36.Marin-Jimenez N, Acosta-ManzanoP,Borges-Cosic M, Baena-Garcia L, Coll-RiscoI, Romero-Gallardo L, et al.Association of self-reported physical fitness with pain during pregnancy: TheGESTAFIT Project. ScandJ Med Sci Sports 2019;29:1022–30.

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